Forschung & Projekte

Das mindlab Ulm

Hintergrund und Relevanz

Schwere psychische Erkrankungen und Persönlichkeitsstörungen sind mit Prävalenzraten zwischen 1 und 6 % in der Allgemeinbevölkerung anzutreffen. In klinischen Versorgungssettings liegen diese Raten deutlich höher, mit bis zu 10 % in tagesklinischen und 25 % in stationären Settings. Betroffene Patient:innen zeigen ausgeprägte psychosoziale Beeinträchtigungen, eine deutlich reduzierte Lebensqualität und verursachen hohe direkte und indirekte Kosten für das Gesundheitssystem sowie für die Gesellschaft (z. B. durch Arbeitsunfähigkeit). Gleichzeitig zeigen Studien, dass diese Patient:innen insbesondere von psychotherapeutischer Behandlung profitieren und spezifische Modifikationen des therapeutischen Angebots benötigen, um von einer Behandlung profitieren zu können.

Psychotherapie als Methode der Wahl

Gleichzeitig ist für die Mehrzahl dieser Patient:innen Psychotherapie die Methode der Wahl, um diese effektiv und nachhaltig erfolgreich behandeln zu können. Die S3-​Leitlinie zur Behandlung der Borderline Persönlichkeitsstörung empfiehlt neben der Dialektisch-​behaviouralen Therapie (DBT) v.a. auch die Mentalisierungsbasierte Therapie (MBT), welche sich als wirksam für diese schwer belasteten Patient:innen erwiesen hat. Darüber hinaus hat die MBT in den letzten Jahren auch eine transdiagnostische Erweiterung erfahren, in dem Sinne, dass auch ein breiteres Spektrum psychischer Störungen und Patient:innengruppen-​ wie z.B. Patient:innen mit depressiven, ängstlichen, Essstörungen und psychisch erkrankte Eltern-​ mit diesem Ansatz behandelt werden können.

Ziele der Sektion

Die Sektion Translationale Psychotherapie verfolgt das Ziel, integrative und evidenzbasierte Behandlungsansätze für Patient:innen mit schweren psychischen Erkrankungen und Persönlichkeitsstörungen weiterzuentwickeln, zu implementieren und zu erforschen. In der Forschung liegt der Fokus auf der Untersuchung transdiagnostischer Faktoren, psychotherapeutischer Wirkmechanismen und digitaler sowie KI-​gestützter Ansätze. Ein klinischer und wissenschaftlicher Fokus liegt auf mentalisierungs-​ und persönlichkeitsfunktionsbasierten Interventionen. In der Lehre steht die Aus- und Weiterbildung angehender Mediziner:innen und Psychotherapeut:innen im Fach Psychosomatik und Psychotherapie, sowie insbesondere der Vermittlung ärztlicher Gesprächsführungs-​ und psychotherapeutischer Kompetenzen im Vordergrund.

Forschungsprojekte

  • Co-​Design eines mentalisierungsbasierten Smartphonespiel-​Prototypen für belastete Eltern

    In diesem Projekt wird ein mentalisierungsbasierter Prototyp eines Smartphone-​Spiels mit und für Eltern aus sozial benachteiligten Verhältnissen entwickelt, bei denen ein erhöhtes Risiko für psychische Probleme vorliegt oder bereits eine psychische Belastung besteht. Der Prototyp des Spiels zielt darauf ab, die Fähigkeit der Eltern zu trainieren, ihre Kinder zu mentalisieren, d. h. ihre Fähigkeiten zu verbessern, über mentale Zustände nachzudenken, die dem Verhalten ihrer Kinder zugrunde liegen könnten, wodurch sie ihre Reaktion stärker auf die Bedürfnisse ihrer Kinder ausrichten können. Durch die Verbesserung der Mentalisierungsfähigkeit der Eltern können der elterliche Stress verringert und die Interaktionen innerhalb der Familie verbessert werden. Der Prototyp des Spiels wird in einem Co-​Design-Prozess entwickelt und getestet, an dem Eltern mit unterschiedlichem Hintergrund aus der Stadt und dem Umland von Ulm beteiligt sind.

    Ansprechpartnerin: Dr. Lina Braun, lina.braun@uniklinik-ulm.de

    Projektpartner Dr. Paola Rizzo Interagens s.r.l.

    Projekthomepage

  • Ist ambulante Mentalisierungsbasierte Therapie (MBT) effektiver im Vergleich zu einer Bona-Fide-​Therapie mit Richtlinienpsychotherapie (BFT) in Deutschland für Patienten mit einer Borderline Persönlichkeitsstörung?

    Die Borderline Persönlichkeitsstörung (BPS) ist eine schwere psychische Störung, die mit hohen Belastungen verbunden ist. Obwohl in den letzten Jahren eine Reihe vielversprechender Therapien entwickelt wurden, besteht eine hohe Notwendigkeit, die Versorgungssituation dieser Patientengruppe weiter zu verbessern. Die MaGnet-​Studie untersucht die Wirksamkeit von Mentalisierungsbasierter Therapie (MBT) bei Patienten mit BPS im Vergleich zur besten aktuell verfügbaren Richtlinienpsychotherapie („Bona Fide Treatment“, BFT) in ambulanter Behandlung.

    In die Studie werden männliche und weibliche Patienten mit der Diagnose BPS eingeschlossen, die zwischen 18-65 Jahre alt sind und selbstverletzendes Verhalten oder Suizidversuche in den letzten zwei Jahren aufweisen, wobei das letzte Ereignis nicht länger als sechs Monate zurückliegt.
    In fünf Rekrutierungszentren in Deutschland werden N=544 BPS Patienten auf die Einschlusskriterien untersucht und beim Vorliegen der Kriterien und einem informierten Einverständnis in einen der beiden Therapiearme randomisiert. Die Behandlung mit MBT ist auf 12 Monate angelegt, BFT kann länger oder kürzer sein. Die Intent-​to-treat Stichprobe ist auf 304 Patienten berechnet. Der primäre Endpunkt nach 12 Monaten Follow-​Up und erfasst die Anzahl an Krisenereignissen in Bezug auf suizidales und selbstverletzendes Verhalten.

    Sekundäre Zielkriterien, die untersucht werden, sind Kosteneffektivität, Schwereder BPS- und anderer psychiatrischer Symptome, allgemeines und interpersonales Funktionsniveau, Lebensqualität, Veränderung der Medikation und Therapieabbruch. Ziel der Studie ist die experimentelle Testung der Effektivität der MBT als eine innovative BPS-​spezifische und kosteneffektive Behandlungsmethode.

    Bei Interesse oder Fragen zur Teilnahme melden Sie sich gerne über die Studien-​Emailadresse: Magnet.Studie@uniklinik-​ulm.de

    Ansprechpartnerin: Ellen Wolf

  • The aim of the PACE study is to identify moderating and mediating factors associated with pandemic-​related distress and mental health problems in adults and families.

    We aim to investigate the interactions of interpersonal trauma (childhood trauma and domestic violence), psychological capacities (personality functioning, mentalizing and emotion regulation) and pandemic-​related adversity on psychological distress during the COVID-​19 pandemic. Furthermore, we aim to investigate behavioral and cognitive consequences of the pandemic (e.g., media consumption, vaccination status, conspiracy beliefs). Using an online-​based cross-​sectional and longitudinal design, we will investigate a sample of adult participants recruited via online platforms in German-​speaking countries over the course of one year with four measurements points via self-​report instruments (personality functioning: PID5BF+; mentalizing: MentS, PRFQ; emotion regulation: DERS-​SF; mental health problems: PHQ-9, GAD-7; a composite pandemic-​related stress score). Structural equation and multi-​level modeling will be performed for data analyses.

    Implications: This study will provide data on the moderating and mediating effects of trauma, personality functioning and mentalizing during the pandemic in a large community sample, particularly on vulnerable groups like families. Identifying transdiagnostic mechanisms of psychopathology in the course of a pandemic crisis may provide valuable insight for the development of pre- and intervention measures for potential psychological distress during and post the pandemic.

    Co-​PIs: Dr. Anna Georg (Universität Heidelberg), Dr. Julia Holl (Universität Heidelberg), Prof. Dr. Svenja Taubner (Universität Heidelberg)

    Open Science Registration Study Protocol:https://osf.io/epv9m/

    Funding: Deutsche Gesellschaft für Psychoanalyse (DPG)

    Duration: 2020-

  • Feasibility study of a mentalization-​based online intervention for burdened parents: the Lighthouse program online

    The Lighthouse parenting program aims to promote sensitive caregiving in psychologically stressed parents. The program is designed to enhance parents' capacity for curiosity about their child's inner world, to make sense of misunderstandings in their relationship with their child and to repair the relationship when harmed. The aim of this feasibility study is to adapt and implement the online lighthouse parenting program and add-​on micro interventions (ecological momentary interventions, EMI) for stressed families and to record compliance, acceptance and satisfaction of these interventions. Furthermore, initial evidence on the effectiveness of the Online Lighthouse Parenting Program and the add-​on micro interventions will be collected.

    Ansprechpartnerin: Elisa Merkenschlager, Elisa.Merkenschlager@uniklinik-ulm.de

    Co-​PIs: Dr. Anna Georg (Universität Heidelberg), Dr. Julia Holl (Universität Heidelberg), Prof. Dr. Svenja Taubner (Universität Heidelberg)

    Project webpage: www.leuchtturm-​elternprogramm.de

    Funding: Heidehof Stiftung; Medizinische Fakultät Heidelberg 2020

    Duration: 2021- 2023

  • Im Rahmen einer Beobachtungsstudie zur Untersuchung der Zusammenhänge zwischen non-verbaler Kommunikation und Mentalisierung, Persönlichkeitsfunktionen und epistemisches Vertrauen suchen wir Patient:innen mit einer diagnostizierten psychischen Störung.

  • Transdiagnostic Assessment of Psychopathology and Resilience: Psychometric Evaluation of the German Version of the Defence Mechanism Rating Scale (DMRS-​SR-30) and Relationship with Personality Functioning and Associated Constructs

    A transdiagnostic understanding of psychopathology is gaining increasing attention. Defense mechanisms can be understood as innerpsychic capacities to regulate the self strongly associated with mental health. Previously, defense mechanisms have been assessed using complex, resource extensive measures. Now a 30-item self-​report Italian version has been developed to overcome this limitation.

    The aim is to investigate the psychometric properties of the German DMRS-​SR-30 version to investigate associations with personality functioning and other related constructs to contribute to the advancement of a transdiagnostic understanding of psychopathology. A minimum of 490 adult participants will be recruited for this study. Participants have to meet the inclusion criteria: age 18 to 74 years and German language proficiency. Using a cross-​sectional design, self-​report assessments will be implemented in SoSci Survey, these will include DMRS-​SR-30; personality functioning traits; mentalizing, epistemic trust and psychological symptom severity. The online survey will take approx. 25 mins to complete per participants.

    Co-​PIs: Prof. Dr. Svenja Taubner (Universität Heidelberg) und Dr. Max Zettl (Universität Heidelberg)

    Präregistrierung: https://www.psycharchives.org/en/item/57e41441-​daaa-4a40-8215-04f6ef5c512b

    Laufzeit: 2021- 23

  • Die wiederkehrende Forderung nach Konzeptvergleichen und Konzeptklärungen in der Psychotherapieforschung ist nach wie vor nicht in ausreichendem Maß aufgegriffen worden. Klinische Phänomene lassen sich auf der Grundlage verschiedene Störungs-​ und Veränderungstheorien beschreiben - dabei werden oft sowohl dasselbe Phänomen mit unterschiedlichen Termini begriffen als auch verschiedene Phänomene mit denselben Termini versehen. Das Ziel des Projekts ist eine systematische und methodisch geleitete kritische Prüfung der wichtigsten Konzepte der wissenschaftlich anerkannten psychotherapeutischen Verfahren, insbesondere im Schulenvergleich. So werden perspektivisch stärker "konzeptinformierte" empirische Studien möglich, welche die Wirksamkeit und Wirkungsweise psychotherapeutischer Techniken untersuchen können.

    Co-​PIs: Prof. Dr. Timo Storck (Psychologische Hochschule Berlin), Felix Brauner (Psychologische Hochschule Berlin), Prof. Dr. Christian Sell (International Psychoanalytic University)

    Aktuelle Publikation: https://link.springer.com/article/10.1007%2Fs00451-021-00435-8

    Laufzeit: 2019-